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Es ist wohl wahr: Einer muss der Letzte sein. Warum es aber Menschen gibt, die immer die Letzten sind, ist mir bis heute schleierhaft. Im ersten Moment (und oft auch in den darauffolgenden Momenten) sind diese Exemplare einfach nur nervig. Schlicht und einfach weil man als Nicht-Notorisch-Zuspätkommer zwangsläufig zu der Gruppe der notorisch Wartenden gehört.

Meine zahllosen Erfahrungen mit notorischen Zuspätkommern haben mir aber gezeigt, dass diese Menschen ausgesprochen wichtige gruppendynamische Funktionen haben:

• Jeglicher Zeitdruck fällt von den anderen Mitgliedern der Gruppe ab. Die totale Entspannung wird Realität, weil jeder weiß: Egal was passiert, ich werde nie der Letzte sein. Und wenn der notorische Zuspätkommer doch mal früher da sein sollte, hat er mit Sicherheit etwas vergessen und muss noch mal zurück…

• Der notorische Zuspätkommer bietet unglaublich viel Stoff für Gespräche aller Art: Die übrigen Gruppenmitglieder können in seiner Abwesenheit über sein Zuspätkommen lästern. Hat er Humor, kann man selbst in Anwesenheit des notorischen Zuspätkommers über das Thema sprechen – natürlich in anekdotischer Form und nicht ohne ihm zu versichern, dass sein Verhalten ja gar nicht schlimm ist…

• Im schlimmsten Fall – oder nach einigen zusammen verbrachten Tagen – verkörpert der notorische Zuspätkommer das Feindbild der Gruppe, wodurch der Zusammenhalt der Gruppe gestärkt wird. Da man ihn oft aus pragmatischen Gründen nicht einfach zurücklassen kann, muss die Gruppe immer auf ihn warten und das nervt. Und weil sich das Verhalten des notorischen Zuspätkommers trotz mehrfacher mehr oder weniger expliziter Hinweise nicht ändert, muss er sich früher oder später zwangsläufig den Vorwurf des Egozentrismus und Ignorantentum gefallen lassen.

Fazit: Der erste Eindruck täuscht wie so oft. Der notorische Zuspätkommer ist nicht etwa die Nervensäge schlechthin, sondern eine wahre Bereicherung für Gruppen jeder Art.