Nirgends lässt es sich schöner Scheitern als in Berlin. Kaum eine europäische (Haupt-)Stadt bietet so viel Leben für so wenig Geld. Man könnte fast sagen, Scheitern gehört zum Lebensstil. Wer etwas auf sich hält, sieht abgetragen aus, feiert das Understatement und lebt immer ein bisschen am Kapitalismus vorbei. Erst auf den zweiten Blick lässt sich unterscheiden, wer tatsächlich kein Geld hat und wer nur so tut als hätte er keines.
Diese Stadt bietet unglaublich viel Raum für Menschen, die sich den finanziellen Zwängen einer modernen europäischen Wohlstandsgesellschaft entziehen wollen. Niemand erwartet, dass man Karriere macht. Es gehört fast zum guten Ton, die eigene Arbeit nicht zu wichtig zu nehmen und stattdessen das Leben außerhalb dieser zu genießen.
Dieser Lebensstil entbindet in gewisser Weise auch davon erwachsen zu werden. Eigentum verpflichtet, um Geld muss man sich kümmern, sonst ist es irgendwann weg. Wer kein Eigentum und kein Geld hat, ist frei von Verpflichtungen. Und auch frei von Erwartungen hinsichtlich eines bestimmten Lebensstils, die sich an ein bestimmtes Einkommen knüpfen. Stattdessen wird das Leben improvisiert. Man erhält sich ein Gefühl von Studentenleben, auch wenn man längst verheirat und verkindert ist und seinen Lebensunterhalt verdienen muss.
Eigentlich ein schönes Leben hier, frei von Erwartungen und Verpflichtungen. Allerdings auch frei von einem gewissen Komfort. Man muss halt wissen, was einem wichtiger ist.
Du bist ja richitg filosofisch!
» K » 5632 Tage zuvor » #