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Vive la Effizienz!

Gelegentlich fällt mir auf Seminaren auf, dass ich mal wieder nur mit bekannten Gesichtern trainiert habe. Dann gehe ich los und versuche mit den unbekannten zu trainieren. Manchmal finde ich dabei einen Schatz, manchmal trete ich auch auf eine Mine. Das passiert mir zum Glück immer seltener – ein Nebeneffekt des Fortschreitens im Aikido: Man lernt sich selbst zu schützen -, aber es passiert dennoch.

Neulich habe ich einen Aikido-Freund gefragt, warum insbesondere Männer zum Teil kein Maß haben, wenn sie (das erste Mal!) mit mir trainieren. Ich bin weder besonders groß noch sehr kräftig und bemühe mich freundlich zu wirken. Dennoch treffe ich gelegentlich auf Trainingspartner, die auf mich einschlagen und -treten, an mir herumdrücken und -zerren, ganz so als gäb’s kein morgen. Der Freund meinte, die wollen ihre Grenzen ausloten. Aha. Interessant. Aber in meinen Augen der falsche Ansatz. Sie sollen meine Grenzen als Uke ausloten und nicht ihre als Tori. Wenn meine Grenzen die ihren überschreiten, dann loten sie auch ihre Grenzen aus… aber eigentlich sind die Grenzen des Uke doch die, die wir zu finden suchen.

Im Grunde geht es hier um die Verwechslung der Konzepte Effektivität und Effizienz, beziehungsweise um die völlige Ignoranz von Effizienz.

Effektivität heißt, sein Ziel zu erreichen, gern auch mit überproportionierten Mitteln. Eine effektive Technik ist eine Technik, die funktioniert. Basta. Wenn ich dabei über mein Ziel hinausschieße (z. B. nur den Angriff, nicht aber den Angreifer zu zerstören) – tant pis!

Effizienz hingegen heißt nur genau so viel einzusetzen, wie ich benötige, um mein Ziel zu erreichen. Und im Aikido sollte das Ziel eben nicht darin bestehen, seinen Uke zu verdreschen, dann hat man nämlich bald keinen mehr.

Also: Ein Hoch auf effiziente Techniken! Und bis sich diese Einstellung durchgesetzt hat, feile ich eben weiter an meinem Ukemi und meinem entwaffnenden Lächeln.

 

07.03.2010 15:24 von Henny

  1. Ich kenne das von Konferenzen, wenn sich Wichtigtuer auf Kosten von kleinen Studenten profilieren wollen, indem sie sinnlose Fragen stellen, die nur das Ziel haben, sich selbst als möglichst clever darzustellen..

    » Andreas » 5376 Tage zuvor » #
  2. Ist in der Politik nicht anders. Ist das eigentlich eine vornehmlich männliche Kommunikations- und Aikido-Strategie?

    » Henny » 5376 Tage zuvor » #
  3. Wenn man von den Frauen absieht, die dieses Verhalten immitieren, dann schon. Frauen gehen dagegen ihre Konkurrenz ‘hintenrum’ an, was dann nicht in Form öffentlicher Affronts oder Dojo-interner Kraftmeierei geschieht, sondern weniger physisch per Mobbing und Rufmord. Die verdeckte Aggression lässt sich auch viel besser mit dem Selbstbild von weiblicher Empathie und sozialer Kompetenz in Einklang bringen.

    Ach übrigens wünsche ich nachträglich noch alles Gute zum Frauentag.

    » Andreas » 5375 Tage zuvor » #
  4. … und mit dem Fremdbild von weiblicher Empathie und sozialer Kompetenz auch. 8)

    Danke für die Glückwünsche. Wo sind die Blumen?

    » Henny » 5372 Tage zuvor » #
  5. Im Französischen gibt es übrigens nur ein Wort für Effizienz und Effektivität: Efficacité. Ich denke mal darüber nach, was das fürs französische Aikido bedeutet.

    » Henny » 5372 Tage zuvor » #
  6. Also, ich habe bis nur mit wenigen Frauen trainiert, habe aber an mir selbst beobachten können, dass ich in diesen Fällen eher etwas zu vorsichtig war. Das Ganze hatte zur Folge, dass ich weit öfter getroffen wurde als meine Trainingspartnerin. Da fällt mir doch glatt auf, dass ich sie dann wohl unterschätzt habe, was auch nicht gerade für mich spricht.
    Auch ich werde also in mich gehen und über das richtige Mass nachdenken müssen.

    » Stefan » 5369 Tage zuvor » #
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