Go to content Go to search and navigation

Kampf der Generationen

Hab heute mal wieder gearbeitet und mir in der Folge einen Vortrag über die mögliche Rolle der Großeltern bei der Werteerziehung in einer Mediengesellschaft anhören dürfen. Tolle Sache: Ich, 26, in einem Raum mit einem Referenten und 40 Teilnehmern im Rentenalter. Schönstes Jugendliche-Bashing war das!

Die Großelterngeneration ist geprägt von Arbeitsethos, Entbehrungs- und Sparbereitschaft, Gemeinschaftssinn und der Übernahme- bereitschaft gegenüber gesellschaftlicher Verantwortung, während Eltern- und Kindergeneration auf Grund ihrer Wohlstandserfahrung freizeit- und genussorientierte Verschwendungsbereitschaft zeigen und überaus individualistisch Bildung als Selbstverständlichkeit wahrnehmen.

Irgendwann kam natürlich die obligatorische stichelnde Bemerkung in meine Richtung:

Na, sie hören ja schon gar nicht mehr zu…

[Nein, denn ich lese gerade das von ihnen herumgereichte Informationsblatt…]

Ich wies ihn eloquent darauf hin, dass offene Schnürsenkel, Videospiele und Permanent-Basecap kein Thema für mich waren, da ich etwa 10 Jahre älter bin, als die Enkelgeneration der Teilnehmer. Vielleicht hätte ich erzählen sollen, dass ich bereits in der 1. Klasse meine Hausaufgaben allein gemacht habe, viel mehr gelesen als fern gesehen habe und auch immer brav meinen Platz im Bus (wenn ich denn mal Bus gefahren bin) für alte Ommas geräumt habe.

Ich mein, irgendwo kommt das doch her, dass die Jugendlichen von heute teilweise so desinteressiert, passiv und egoistisch sind. Er kann mir doch nicht erzählen, dass das alles auf’s Fernsehen und die Clique zurückzuführen ist – als wenn es davor keine Erziehung gäbe. Und die erfolgt (gegebenenfalls) eben durch die Eltern des Görs, welche wiederum von ihren Eltern – den heute anwesenden Teilnehmern – erzogen wurden. Und den eigenen Einfluss, die eigene Rolle erst zu erkennen, wenn die Enkel schon in der Pubertät stecken, ist dann fast ein wenig zu spät.

 

04.10.2006 19:44 von Henny

  1. Nicht nur fast. Das fängt schon damit an, dass sich die Erziehungsberechtigten/befohlenen um die sprachlichen Fähigkeiten ihrer Zöglinge zu kümmern haben, was für jede weitere Entwicklung die Grundlage ist. Wenn hier keine Sorgfalt waltet, ist das Kind schon fast in den Brunnen gefallen und ich meine hier ausdrücklich nicht nur Eltern mit Migrationshintergund sondern alle Eltern.

    » Andreas » 6834 Tage zuvor » #
  2. Ach ja, da kann ich mich noch gut an meine Schulzeit erinnern: Wir sollten irgendwann in den ersten Schuljahren (war sogar noch zu DDR-Zeiten, glaube ich) unser Lieblingsbuch vorstellen und da gab es tatsächlich Sprösslinge, die wollten einen Comic vorstellen. Unsere Lehrerin fand das gar nicht lustig. Und die Schuld gab sie nicht etwa dem Fernsehen, sondern ganz richtigerweise den Eltern, die den Zugang zum zweiten Medium nicht kontrollierten und den zum ersten nicht förderten.

    Viel geholfen hat es scheinbar nicht: Irgendwann in der 11. oder 12. Klasse mussten wir Effi Briest zu Hause lesen. Und da gingen doch tatsächlich einige meiner Mitschüler zur Lehrerin und erklärten, sie könnten den Text nicht allein lesen, weil er zu schwer sei (teils war das sicherlich eine Strategie zur Unterrichts- Boykottierung, ein Teil Wahrheit steckte aber schon dahinter). Daraufhin wurde eine gesamte Deutsch-Doppelstunde dafür aufgebracht, das Buch im Unterricht zu lesen… und diese Leute haben alle einen durch-und-durch deutschen, mittelklein- städtischen Sozialisationshintergrund.

    » Henny » 6832 Tage zuvor » #
  3. Effi Briest habe ich aber auch nicht bis zum Ende geschafft, dafür war das Buch einfach zu langweilig.
    Als wir ein Buch vorstellen sollten, habe ich als Roman-Verweigerer ein Lexikon mitgebracht, was mir wiederrum eine 3 einbrachte, weil ich offensichtlich damit nur angeben wollte..

    » Andreas » 6832 Tage zuvor » #
  4. Klar, langweilig war das Buch schon (gibt es irgendwas spannendes von Fontane?), aber eben doch lesbar.

    Ich bekam zum Lieblingsbuchvorstellen ein Buch von meiner Lehrerin, weil es mir peinlich war, einen Pferderoman vorzustellen – was anderes habe ich damals nicht gelesen… Lise auf dem Ponyhof und so…

    » Henny » 6832 Tage zuvor » #
  5. Wenn ich mich richtig erinnere war es bei mir Detektiv Pinky. Und das Buch hat immernoch Kultstatus!

    » e-sven » 6832 Tage zuvor » #
  6. Ich fand die Briest unlesbar, immer wenn es zu einer spannenden Szene kam, wurde sie gleich wieder von diesem Naivchen totgetrampelt.
    Aber was Spannendes von Fontane? Da viel mir doch gleich ‘der Schimmelreiter’ ein, den fand ich auch in der Message gar nicht schlecht, doch halt, der war von Storm!
    Also was gibt es gutes über Fontane zu sagen? Er war Brandenburger, mehr kann ich beim besten Willen nicht finden..

    » Andreas » 6832 Tage zuvor » #
  7. Die inhaltliche Kritik ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, hat aber nicht wirklich was mit der Lesbarkeit des Textes zu tun. Da fand ich Faust zum Beispiel deutlich anspruchsvoller.

    Das einzige Buch, das ich in der Schule nicht zu Ende gelesen habe, war übrigens H. Mann’s Der Untertan. Einfach zu widerlich, dieser Typ. Spricht natürlich für die schriftstellerischen Qualitäten des Herrn Mann.

    » Henny » 6831 Tage zuvor » #
  8. Bis auf die Bücher über die Wanderungen wo auch immer hin habe ich alles von Fontane gelesen. Damals fand ich die Bücher gut. Heute würde ich sie nicht mehr lesen wollen. Da schaffe ich ja nicht mal alle meine Lieblingsautoren.

    » Donna » 6830 Tage zuvor » #
  9. ... die gingen in die Markbrandenburg und waren brechend langweilig. Bei der dazugehörigen Lesung in der Stadtbibliothek habe ich permanent mit dem Schlaf gekämpft und auf ganzer Linie verloren. :]

    » Henny » 6830 Tage zuvor » #
  10. Effi Briest wurde übrigens auch verfilmt. Wenn ich mich recht erinnere war das ein erträglicher 1 1/2 Stunden Streifen, der die wichtigsten Szenen direkt aneinander reihte. (diese endlosen Beschreibungen von Flora und Fauna der Mark wurden als dekorative Hintergrundbilder verbraten – sehr gute Idee!) Die Erinnerung daran ist zwar ziemlich verblasst, aber für eine gute Klassenarbeit hat es gereicht… und es scheint niemandem aufgefallen zu sein, dass wir den Schmöker verschmäht haben.

    » annosch » 6830 Tage zuvor » #
  11. Also jetzt muss ich doch mal zugeben, dass ich die Effi B. damals gar nicht so schlecht fand… die Zwischen-Zwei-Männern-Thematik war damals so ein Dauerthema für mich, allerdings habe ich mich geschickter als die E. angestellt, deshalb kam es praktisch nie zum Duell (Muaharhar!). Den Film fand ich allerdings tatsächlich grottenschlecht, allerdings war er zum Bestehen der Klassenarbeit sicherlich ausreichend, ebenso wie der Film über den Untertan... :]

    » Henny » 6829 Tage zuvor » #
  Textile-Hilfe


Keine Zielgruppe